„Alle Möglichkeiten, die das Studium bietet, mitnehmen“Die „Career-Story“ von Branddirektor Oliver Tittmann
„Ich bin ganz früh in die Freiwillige Feuerwehr eingetreten“, erzählt Oliver Tittmann. „Seit ich denken kann, fand ich die Feuerwehr spannend.“ Feuerwehrmann als Berufswunsch, dazu kam es dann aber rein zufällig. Auf einem Tag der offenen Tür informiert die Feuerwehr Hamburg zu Berufen rund um die Themem Retten, Löschen, Bergen und Schützen.
Mit der Vorstellung, einmal im Bereich Rettungsdienst zu arbeiten, spricht Tittmann mit den Beratern, die ihm daraufhin ein Studium empfehlen, über das er dann in einer Führungsposition in der Berufsfeuerwehr einsteigen könnte. Der junge Sauerländer schreitet sofort zur Tat und sucht bereits am nächsten Tag das Berufsinformationszentrum auf, um sich über die verschiedenen Ingenieurberufe zu erkundigen. „Es war für mich wirklich eine fremde Welt, weil ich eigentlich einen anderen Lebensplan hatte. Ich wollte Rettungssanitäter und Rettungsassistent werden und dann bei der Berufsfeuerwehr in der Laufbahngruppe 1 einsteigen.“
Aber die Informationen in Hamburg lassen ihn zum ersten Mal an die Möglichkeiten denken, die ihm ein Studium eröffnen würden. Oliver Tittmann informiert sich ausführlich und tendiert zur Sicherheitstechnik. Am meisten beeindruckte ihn die Vielfalt der Studienfächer in diesem Fachgebiet. „Ich bin nicht der Typ Maschinenbauer, Elektroingenieur, Mathematiker oder Physiker. Die Sicherheitstechnik bietet ein Gesamtpaket. Da ist alles drin“, erklärt er. Für den Berufswunsch Feuerwehrmann kann er sich sogar noch im Bereich Brand- und Explosionsschutz spezialisieren.
Studium in Wuppertal
Die Entscheidung fällt schnell und Tittmann schreibt sich in Wuppertal ein: „Das habe ich auch nie bereut!“ Vom Hochschulbetrieb ist er von Anfang an begeistert. „Ich finde die Universität in Wuppertal riesig, das habe ich auch jedem gesagt. Es ist eine perfekte Größe, man ist nicht nur eine Nummer. Die Fakultät ist nicht zu groß, das Programm ist super und auch das Drumherum ist toll.“ Als Student fühlt er sich gut betreut und nimmt viele Zusatzangebote, u.a. im Bereich Arbeitsschutz, wahr.
Nach dem Studium brauchte es auch bei ihm ein Quäntchen Glück, denn die Stellen für Brandreferendare bei der Feuerwehr waren nur rar gesät. Das Prozedere in seinem ersten Bewerbungsgespräch lässt ihn leidvoll erfahren, welche Qualitäten in einer Vorstellungsrunde erwartet werden. „Ich bin dort mit der Vorstellung hingegangen: Ich bin freiwilliger Feuerwehrmann, ich bin Rettungssanitäter und habe einen Klasse 2 Führerschein – die warten nur auf mich“, berichtet er heute lachend. Die gewonnenen Erfahrungen setzt er beim nächsten Termin in Duisburg dann erfolgreich um. „Die Vorstellung hier in Duisburg lief dann einfach perfekt und ich habe direkt nach dem Gespräch die Zusage bekommen, dass ich dort anfangen kann.“ Im April 2002 übernimmt er in der Ruhrgebietsstadt mit knapp fünfhunderttausend Einwohnern die Stelle als Brandreferendar. 2014 kommt er seinem Ziel bereits sehr nahe: Tittmann übernimmt zunächst kommissarisch die Leitung der Berufsfeuerwehr Duisburg, die er seit 2015 in voller Verantwortung fortführt.
100.000 Einsätze im Jahr
Die Zahl der durchschnittlichen Einsätze im Jahr lässt staunen. „Die Feuerwehr Duisburg fährt inklusive Rettungsdienst und Brandschutz mittlerweile über hunderttausend Einsätze im Jahr“, erklärt der 43-Jährige. „Bei der Führung, dem sogenannten Direktionsdienst, den ich mir mit zehn Kollegen teile, fahre ich im Schnitt 60 bis 80 Einsätze im Jahr mit. Das sind so ungefähr 36 bis 40 Schichten im Führungsdienst.“ Bei diesem enormen Einsatzaufwand ist die Freiwillige Feuerwehr unentbehrlich. „Eine Berufsfeuerwehr kann ohne Freiwillige Feuerwehr nicht funktionieren. Wir können den Alltag, das normale Geschäft – wenn auch nicht flächendeckend – bewältigen“, betont er, „aber immer da, wo es größer oder spezieller wird, brauchen wir die Freiwilligen Wehren.“ Unter ihnen gibt es sogar Spezialeinheiten für Dekontamination, wie den Löschzug aus Homberg, die sogenannte Dekoneinheit. „Die sind unfassbar leistungsfähig“, lobt der Feuerwehrchef. „Wir haben ein freiwilliges Team mit Jugendfeuerwehr und Unterstützungsabteilung von ungefähr 1000 Freiwilligen in Duisburg. Anforderungen, die an eine moderne Feuerwehr gestellt werden, erfüllen wir nur gemeinsam.“
24-Stunden-Dienst
In der Berufsfeuerwehr gibt es seit jeher die 24-Stunden-Dienste. Einmal rund um die Uhr am Arbeitsplatz. Es gibt allerdings Unterschiede im Einsatz- und Führungsdienst. „Im Einsatzdienst“, sagt Tittmann, „gibt es die Kollegen, die in den großen Löschfahrzeugen fahren. Die haben einen ganz geregelten Tagesablauf. Zu der Fahrzeugübernahme, der Fahrzeugpflege, dem Übungsdienst vor Ort und draußen sowie Sportaktivitäten, kommen dann noch die Einsätze dazu.“
Im Führungsdienst dagegen arbeitet er als Leiter zunächst die normalen Bürotätigkeiten ab, nimmt Termine wahr und führt Gespräche. Es sei denn, der Funkmeldeempfänger schlägt Alarm. „Dann bin ich weg“, sagt er kurz und knapp. Im Gegensatz zu den Freiwilligen Feuerwehren ist er dann direkt vor Ort, hat seine Fahrzeuge im Zugriff und startet sofort. Die Abende sind geprägt vom Bereitschaftsdienst. „Man kann Sport machen, mal einen Film ansehen oder auch Gespräche mit Kollegen in der Leitstelle führen.“ Dieser Dienst sei für den Zusammenhalt der Feuerwehr unbezahlbar, denn: „Ich muss mich auf meine Kolleginnen oder meine Kollegen einhundert Prozent verlassen können. Dieser 24-Stunden-Dienst schafft familienähnliche Verhältnisse. Da verliere ich auch nie die Bodenhaftung und weiß immer, was in meiner Feuerwehr passiert.“
Der Frauenanteil ist nach wie vor gering
Mit 0,4 Prozent ist der Frauenanteil in der Berufsfeuerwehr nach wie vor gering. Nicht viel besser sieht es bei den Freiwilligen mit acht Prozent aus. „Es ist immer noch eine Männerdomäne und es bewerben sich sehr wenige Frauen“, bedauert Tittmann. Eine der großen Hürden ist der allgemeine Sporttest, den viele Frauen nicht bestehen. Obwohl man in Zusammenarbeit mit der Sporthochschule Köln einige Übungen abschafft: „Klimmzüge und Liegestütze sind etwas, das hat uns die Sporthochschule gesagt, was Frauen aufgrund ihrer Physiologie nicht so gut können wie Männer.“ Aber auch an dem Beugehang, der als Ersatzübung eingesetzt wird, scheitern immer noch zu viele. „Aber die Frauen, die jetzt bei uns sind, die den Willen haben, zur Feuerwehr zu kommen, die sind top. Die tun uns total gut. Die sind für das System unfassbar wichtig“, resümiert er
Ein Tipp: Bewerbungstraining
Tittmann legt allen angehenden Sicherheitstechnikern ans Herz, noch während des Studiums an Bewerbungstrainings teilzunehmen. Angebote bietet der „Career Service“ der Bergischen Universität in regelmäßigen Abständen. „Was ich auch empfehlen kann“, rät er, „alle Möglichkeiten, die das Studium bietet, mitzunehmen. Ich habe beispielsweise nebenher noch den Abschluss ,Fachkraft für Arbeitssicherheit' und die Scheine für den Strahlenschutzverantwortlichen gemacht. Dadurch ist man sehr gut aufgestellt. Ganz viel, was ich in der Sicherheitstechnik mitbekommen habe, kann ich wirklich im Alltag nutzen, weil das Studienangebot so breit gefächert war. Ich habe überall einen guten Einstieg. Man muss auch bereit sein, mal weitere Wege in Kauf zu nehmen. Und wenn ein Sicherheitstechniker Bock auf Feuerwehr hat“, sagt er zuletzt, „ist es der geilste Job der Welt. Ich finde meinen Job riesig.“
Der Studiengang Sicherheitstechnik an der Bergischen Universität vermittelt Kenntnisse, die weit über eine gewöhnliche Ingenieursausbildung hinausgehen und ein sicherheitstechnisches Fachwissen vermitteln, das in den verschiedenartigsten Facetten des Bevölkerungsschutzes, Arbeitsschutzes, Brandschutzes, Umweltschutzes und Qualitätsingenieurwesens zum Ausdruck kommt.
UWE BLASS
Weitere Infos unter https://www.site.uni-wuppertal.de/
Weitere „Career Stories“ unter https://karriere.uni-wuppertal.de/de/career-stories.html
Der studierte Sicherheitstechniker Oliver Tittmann ist seit 2015 Leitender Branddirektor der Berufsfeuerwehr Duisburg.