Universitätskommunikation – Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

BERGISCHE TRANSFERGESCHICHTENSprache hat was mit Sprechen zu tun … Dr. Agnes Bryan und die Angebotsvielfalt des Sprachlehrinstituts

13.03.2018|14:29 Uhr

I bims. Schon mal gehört? Dabei handelt es sich um das Jugendwort 2017. Es ist die Verballhornung von „ich bin´s“ in der sogenannten Vong-Sprache. Wie erklärt man solche Wortveränderungen einem ausländischen Studierenden, der das Sprachlehrinstitut besucht? Dr. Agnes Bryan, die Leiterin der Zentralen Einrichtung der Bergischen Universität, hat dazu sofort eine Idee: „Man muss Wortspiele immer mit ihrem Kontext erklären, sucht vielleicht verschiedene Beispiele in der Fremdsprache der anderen Kultur und überträgt sie in unsere. Man kann das nie eins zu eins übersetzen.“

<span class="sub_caption">Foto Wissenschaftstransferstelle / Iris Rudolph</span>

Das Sprachlehrinstitut ist eine Einrichtung mit vielfachen Aufgaben. Neben dem Angebot von insgesamt zehn Fremdsprachen, die über das Gasthörerprogramm auch von Bürgerinnen und Bürgern gebucht werden können, bereiten die Mitarbeiter u.a. auf internationale Zertifikate (TOEFL oder TOEIC) vor.

Englisch ist nach wie vor die meistgebuchte Sprache. „Egal in welchem Kontext man heute arbeitet, Englisch wird unbedingt gebraucht,“ so Bryan. Aber auch Spanisch hat sich nach der Jahrtausendwende immer mehr durchgesetzt und den Rangzweiten – Französisch – verdrängt.

Wer allerdings auf einem guten Niveau eine Sprache beherrschen will, der sollte schon mehrere Kurse besuchen, betont die Sprachforscherin. „Man muss wirklich zwei Gruppen von Lernenden unterscheiden. Die einen wollen die Sprache wirklich lernen und bleiben dabei. Und dann gibt es die Studierenden, denen es nur um Leistungspunkte geht: Die kommen oftmals und belegen verschiedene Fremdsprachen auf Anfängerniveau, weil sie vielleicht bis zu 20 Leistungspunkte dafür bekommen. Dann können sie alle Sprachen eigentlich überhaupt nicht, sondern haben lediglich Grundkenntnisse erworben und können an Kommunikation nicht teilnehmen.“

Ca. 110 bis 120 Stunden incl. Präsenzzeiten, Vor- und Nacharbeitung sind nötig, um eine nächsthöhere Niveaustufe, z.B. von A1 auf A2 (Grundlegende Kenntnisse) oder von A2 auf B1 (Fortgeschrittene Sprachverwendung) zu erreichen. „Das ist arbeitsintensiv“, sagt die studierte Anglistin, „wird aber gut angenommen.“

Ihre Dozenten sucht Agnes Bryan sehr sorgfältig aus. Idealerweise verfügen die Bewerber über ein abgeschlossenes Studium in der jeweiligen Sprache oder eine vergleichbare Berufsqualifikation. Doch auch Quereinsteiger, die lange im Ausland waren und darüber entsprechende Qualifikationen mitbringen, haben eine Chance: „Wichtig ist, ob die Dozenten sich mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gut verstehen und gut vermitteln können. Sie müssen den Bezug zur Gruppe aufbauen und Spaß an der Kultur sowie an der Vermittlung haben. Und da sind manche Quereinsteiger genau so gut wie Lehrämtler.“

Sprachen lernen, heißt sich trauen

Wer sich noch unsicher ist, an einem Sprachkurs teilzunehmen, dem sei der sogenannte C-Test ans Herz gelegt, mit dem man seine eigene Sprachbegabung im Vorfeld online checken kann. Bryan animiert jeden Interessenten, sich zu trauen: „Meine Unterrichtsphilosophie lautet: Man muss die Sprache erst einmal überhaupt anwenden. Um die Grammatik und den Wortschatz kümmern sich dann die Dozenten.“ Lernfreude bescheinigt die sympathische Wissenschaftlerin vor allem den Frauen: „Ich kann das gar nicht erklären, aber die Damen sind engagierter.“

In Zukunft möchte sie auch das Gasthörerprogramm stärker bewerben. Den Mehrwert sieht sie dabei in den unterschiedlichen Sichtweisen der jeweiligen Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer. „Der Austausch ist interessant – für die Externen, denn die erleben Studierende, und umgekehrt erleben Studierende die Sichtweisen von Außenstehenden.“

Bryan weiß, dass das SLI qualitativ hochwertige Sprachkurse anbietet und könnte bei einem größeren Kursangebot auch weitere Schwerpunkte setzen. Auf die Frage nach der Einführung von Online-Kursen antwortet sie allerdings zurückhaltend: „Digitalisierung ist ein wichtiges Thema – das wissen wir –, aber beim Sprachen lernen bin ich da noch ein bisschen konservativ. Sprache lernen hat immer was mit Sprechen zu tun.“

Zwar arbeitet das SLI auch mit den Uni-Lernplattformen Moodle und Mahara, aber „die Selbstdisziplin beim Sprachen lernen ist sehr beschränkt“, sagt die Dozentin. Im Englischen gibt es für diese Lernhaltung vieler Studierender den Begriff „Spoon-feeding“ (mit dem Löffel füttern). Die Lerner, so die Erfahrung, lassen sich gerne etwas vorsetzen und werden nur unter Druck aktiv. Das zeigt sich darin, dass Kurse nicht belegt werden, weil Studierende oft der Fehleinschätzung unterliegen, ein häufiger Austausch von englischer Sprache über Medien, bedürfe keines Sprachkurses.

Andere verzichten auf Präsenzphasen in einem Sprachenzentrum zugunsten von Online-Modulen und selbst festgelegter Online-Kurszeiten. Das kann man machen und Dr. Bryan sieht in den Online-Angeboten auch einen Sinn, wenn „ich ein System brauche, in dem ich z.B. strukturiert Vokabeln lerne, Grammatik wiederhole, meine Kenntnisse festigen möchte.“

Aber für die engagierte Leiterin stellt sich immer die Frage „Was kann ich hinterher? Brauche ich nicht doch noch diese Face-to-Face-Kommunikation. Einen Menschen, mit dem ich spreche! Das ist eigentlich mein Motto: Sprache hat was mit Sprechen zu tun und zwar mit Menschen. Deswegen würde ich die Präsenzphasen immer stärker gewichten, ihnen immer den Vorzug geben und sagen: Digitale Module ergänzen und unterstützen. Aber sie können den Sprachunterricht und die persönliche Sprachvermittlung nicht ersetzen.“

Das SLI trägt sicher seinen Beitrag zur Internationalisierung bei, doch Bryan sieht einen flächendeckenden Erfolg nur dann, wenn die Vernetzung funktioniert. „Bei der Vernetzung sollten die verschiedenen Akteure an einem Tisch zusammenkommen“.

Zwar arbeitet das SLI mit verschiedenen Partnern wie dem Akademischen Auslandsamt gut zusammen, „aber manchmal habe ich den Eindruck“, sagt Bryan, „dass die Fakultäten zu sehr mit ihrem Fach beschäftigt sind. Sie haben dann vielleicht Auslandskooperationen und wissen zum Teil aber gar nicht, dass es ein SLI gibt.“ Dr. Bryan weiß von fremdsprachigen Studiengängen, in denen man z.B. ohne Deutschkenntnisse in Wuppertal studieren kann und unterstreicht: „Es muss klar sein, Sprachkenntnisse sind wichtig und wir haben Studierende, die das auch brauchen. Und dazu gibt es das Sprachlehrinstitut, wo sie Deutsch lernen können.“

Neben den herkömmlichen Themen Alltagskommunikation, Vermittlung von Kultur und Landeskunde gibt es natürlich auch noch einige andere Sprachschwerpunkte. Bryan bietet u.a. Kurse für technisches Englisch (Technical English) an, Geschäftsenglisch (Business English) oder die auf sechs Module angelegte Kurzkursreihe „English@Work“. „Die ist kürzer als alle anderen Reihen, weil spezielle Skills vermittelt werden“, sagt sie und nennt als Beispiele die Themen Business und Kultur, Teammeetings, Verhandlungspraktiken und den großen Bereich der Internationalisierung.

Fragestellungen wie „Wie verhalte ich mich?“, „Wie präsentiere ich?“ oder „Was sage ich in welchen Kontexten?“ sowie Kenntnisse über beispielsweise asiatische oder südamerikanische Mentalitäten werden ebenso behandelt, wie der Knigge beim Smalltalk oder das Verhalten bei Geschäftsessen.

Auch weiter qualifizierende Maßnahmen haben im Sprachlehrinstitut ihren Raum und könnten für Außenstehende geöffnet werden. So beschäftigt sich ein Modul mit den Bewerbungspraktiken im englischsprachigen Raum. Dabei stellen die Kursteilnehmer schnell fest, dass englische Bewerbungen ganz andere Schwerpunkte haben. Reduziert auf die beiden aussagekräftigen Formate Anschreiben und Lebenslauf, verzichten diese z.B. weitgehend auf dicke Zeugnismappen.

Auch der Kurs „Meetings and Negotiations“ (Besprechungen und Verhandlungen) könnte ein interessanter Anreiz für Bergische Unternehmen sein. Allein das richtige Verhandlungsverhalten in Gegenwart eines Projektpartners mit anderem kulturellen Hintergrund kann für Erfolg oder Misserfolg entscheidend sein.

Matchmaking oder Lernen im Tandem

Dass das Sprachlehrinstitut in Bezug auf neue Lernkonzepte erfindungs- (und erfolg)reich ist, beweist das Angebot „Lernen im Tandem“. „Tandem heißt, es treffen sich regelmäßig Muttersprachler von zwei Sprachen – also z. B. Deutsch und Chinesisch. Dann wird im Wechsel einmal die Muttersprache, einmal die andere Sprache verwendet, also eine Stunde nur Chinesisch, die andere Stunde nur Deutsch.“ Gelernt werden dabei die kommunikativen Fähigkeiten in der Fremdsprache. Die Zusammenstellung der Sprachpartner erfolgt über das SLI. „Matchmaking“ nennen das die Fachleute und pflegen damit eine andere Form der Partnerbörse. Die Treffen finden ungezwungen an selbstgewählten Orten statt. Und wenn doch einmal Hilfe von Nöten ist, macht ein Dozent Themenvorschlägen, über die man reden kann.

Das Sprachangebot des SLI kann Bryan jederzeit erweitern: „Ich weiß, wo man suchen muss; ich weiß, wo man Dozenten herbekommt und ich weiß, wie man einen Kurs – auch wenn ich die Sprache nicht spreche – aufbauen muss. Das ist etwas, das bringt die Erfahrung und die Qualifikation mit sich.“

Auch dafür gibt es ein Jugendwort: „isso“ …

UWE BLASS

Weitere Transfergeschichten unter
https://www.transfer.uni-wuppertal.de/transfergeschichten.html

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Dr. Agnes Bryan studierte Anglistik und Vergleichende Sprachwissenschaften an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen. Danach arbeitete sie als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Englischen Seminar der Philosophischen Fakultät in Tübingen und kam 1997 als stellvertretende Leiterin des damaligen AVMZ (Audiovisuelles Medienzentrum) an die Bergische Universität. 2003 übernahm sie die Leitung des neugegründeten Sprachlehrinstituts.

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