BERGISCHE TRANSFERGESCHICHTENWie abstrakte Dinge Eingang in unser tägliches Leben finden:Professor Dr. Bruno Lang und die Angewandte Informatik
Professor Lang weiß, dass häufig beklagt wird, dass heute alles vom Algorithmus gesteuert wird. „Dabei, wenn man den Algorithmus-Begriff richtig fasst, ist es eigentlich schon immer so gewesen“, lacht er. „Das ist so, als wenn ein Arzt schrittweise eine Diagnose stellt. Wenn ein bestimmtes Symptom auftaucht, geht er in eine Richtung weiter, wenn es nicht da ist, in eine andere.“
Letztendlich gehe es darum, Regeln oder Entscheidungen so zu formulieren, dass man sie schrittweise nachvollziehen könne. „Algorithmisches Denken durchzieht unser Leben an vielen Stellen,“ unterstreicht Lang und nennt als einfaches Beispiel Kochrezepte, die einen ganz elementaren Algorithmus darstellen und von modernen Küchengeräten sogar schon automatisch umgesetzt werden können. Aber auch der Vorgang des Abkassierens im Supermarkt oder das Spielen einer Melodie beim Musizieren bieten bis zu einem gewissen Grad ähnliche Muster.
In der Fachgruppe Mathematik und Informatik arbeitet der Wissenschaftler natürlich formaler und mit anderer Zielrichtung. Hier werden effiziente Algorithmen für Fragestellungen z. B. aus den Naturwissenschaften entwickelt. Damit werden die Rechnungen beschleunigt und oft wird auch der Speicherbedarf reduziert. Unterschiedliche Fragestellungen führen natürlich auch zu verschiedenen algorithmischen Ansätzen. Die Herangehensweise beim Sortieren großer Datenbestände oder beim Umgang mit großen Matrizen unterscheidet sich meist deutlich.
Professor Lang stellt auch in seinen Algorithmus-Vorlesungen immer wieder bekannte Grundtypen von Denkmustern vor und bietet den Studierenden damit einen „Werkzeugkasten“, mit dem sie bei neuen Fragestellungen ausprobieren können, welche Lösungsstrategie am besten passt.
Die Frage, ob Schüler oder Studierende Schwierigkeiten mit diesen Denkmustern haben, beantwortet der Wissenschaftler entspannt. Die Lehrpläne und die Ausrichtung von Kompetenzen an den Schulen ‒ und damit die Vorkenntnisse ‒ ändern sich immer wieder, und auch die Inhalte des Studiums müssen aktuell gehalten werden. Daher müsse man sich auch ein bisschen anpassen.
Für ein erfolgreiches Mathematik- bzw. Informatikstudium formuliert er allerdings klare Voraussetzungen. „Für ein Mathematik- oder Informatikstudium sowie alle Bereiche im MINT-Sektor gilt: Man muss es wirklich wollen!“ Professor Lang betont dabei, dass man neben dem Interesse auch den entsprechenden Biss mitbringen sollte sowie die Bereitschaft „auch mal etwas zu investieren“. Das sei zwar keine Erfolgsgarantie, böte aber die besten Chancen. Auch ein gewisser „Spieltrieb“ dürfe vorhanden sein, wenn er dazu führe, sich intensiv mit einer Sache auseinanderzusetzen, solange zu probieren, bis man der Sache auf den Grund gegangen sei und eine Lösung gefunden habe.
Beim Informatikstudium ist, unter anderem beim Programmieren, auch der konstruktive Ansatz nach bewährten Mustern stark vertreten. Dabei entstehen schon früh im Studium „Produkte“ in Form lauffähiger Programme, und dies ist für viele eine zusätzliche Motivation. Die Tatsache, dass die Studierenden der Informatik oft unterschiedlich vorgebildet sind, sieht Lang als „eine Herausforderung für uns, diese Leute so zu unterrichten, dass sich die einen nicht langweilen und die anderen nicht überfordert sind.“ Dazu sagt er: „Unsere Vorlesungen fangen wirklich bei null an und wir sehen immer wieder, dass auch Studierende, die vorher noch nie Informatik hatten, recht erfolgreich abschließen.“
In der Forschung arbeitet Professor Lang interdisziplinär – mit Anwendungen z. B. in der Physik und der Chemie. Da geht es um Berechnungen von Schwingungszuständen und molekularen Strukturen. „Wir versuchen Verfahren zu entwickeln, an denen möglichst viele Prozessoren beteiligt werden können. Das ist für heutige Hochleistungsrechnern unabdingbar. Und die Berechnungen müssen so schnell wie möglich erfolgen – vor allem, wenn sie millionenfach durchgeführt werden.“ Eines der Ziele ist auch die Verbesserung der ökologischen Bilanz durch geringeren Energieverbrauch.
Transfer bedeutet für ihn sowohl den Austausch von Know-how oder Methodik als auch die Beschäftigung mit von außen an die Fachgruppe herangetragenen Anforderungen. Auch kleinere Fachtagungen sowie Projekte, mit denen sich die Fakultät an die Bevölkerung richtet, wie die Ausrichtung der Landesebene der Mathematikolympiade im Jahr 2015, gehören zu den Transferaktivitäten der Fakultät.
Wenn Professor Lang abschließend resümiert, „auch Dinge, die hochgradig abstrakt sind, finden häufig nach einiger Zeit Eingang in unser tägliches Leben,“ beschreibt er damit das Themenspektrum der Mathematik und Informatik, welches sich dem Laien nicht unbedingt sofort erschließt und damit greifbar und verständlich erscheint.
Algorithmen haben schon heute – mehr oder weniger deutlich wahrnehmbar – einen großen Einfluss auf unseren Alltag; dieser dürfte in Zukunft eher weiter zunehmen. Mathematik und Informatik halten auch weiterhin viele Rätsel, herausfordernde Probleme, große Entdeckungen und wunderbare Strukturen bereit.
UWE BLASS
Weitere Transfergeschichten unter
https://www.transfer.uni-wuppertal.de/transfergeschichten.html
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Prof. Dr. Bruno Lang studierte an der Universität in Karlsruhe, promovierte 1991 und arbeitete danach an der Bergischen Universität Wuppertal und der RWTH Aachen. Seit 2002 hat er die Professur für Angewandte Informatik – Algorithmik in der Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften (Fachgruppe Mathematik und Informatik) an der Bergischen Universität inne.
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