Im Eis der Antarktis:<br /> EnEx-Sonde entnimmt erstmals mikrobiologische Wasserproben
Im Eis der Antarktis:<br /> EnEx-Sonde entnimmt erstmals mikrobiologische Wasserproben
Um Leben zu ermöglichen, gelten flüssiges Wasser, Energie und Bausteine organischer Chemie als Grundvoraussetzungen. Von 2004 bis 2007 erkundete die NASA-Raumsonde Cassini das Saturnsystem und förderte für den Eismond Enceladus interessante Details zutage: einen Ozean unterhalb seiner äußeren, kilometer mächtigen Eisschicht, Geysire, die von geologischer Aktivität zeugen, sowie organische Verbindungen. „Damit besteht die Möglichkeit, dass sich im Ozean unter der Eisschicht, Leben in Form von Mikroorganismen gebildet hat“, erklärt Dr. Pia Friend. Mit der Initiative „Enceladus Explorer“, kurz EnEx, wollen die Verbundpartner dieser Möglichkeit auf den Grund gehen: Sie entwickeln Schlüsseltechnologien, die für eine potenzielle Mission zum Saturnmond gebraucht werden. „Diese können dann einer bisher noch nicht konkret geplanten NASA-Mission als Nutzlast empfohlen werden“, sagt Friend.
Das Szenario, das die Forscher*innen dabei vor Augen haben, sieht so aus: Ein Roboter landet mithilfe einer Raumsonde auf dem Saturnmond, schmelzt sich an einer bestimmten Stelle in den Eispanzer des Himmelskörpers und entnimmt Proben des eingeschlossenen Wassers. Ein Vorhaben mit großen technischen Herausforderungen, für die zunächst Lösungen entwickelt werden müssen. „Ein Schmelzroboter muss sich auf Enceladus sicher durch das Eis bewegen und eine wassergefüllte Spalte ansteuern, ohne sich von Hindernissen wie Meteoriten im Eis aufhalten zu lassen. Daher nimmt die Navigation der Schmelzsonde einen besonderen Stellenwert ein“, erklärt Friend.
Diesem Thema, das für das Gelingen des Vorhabens von essentieller Bedeutung ist, widmen sich mehrere Teilprojekte der EnEx-Initiative mit unterschiedlichen Ansätzen. Dazu gehören beispielsweise die Ortung mittels akustischer Signale oder mithilfe eines Verfahrens, das auf Magnetfeldmessungen beruht. Das Abbilden des Eisuntergrundes durch Radartechnik, an dem die Forscher*innen der Bergischen Uni arbeiten, ist ein weiterer Ansatz, der eine besondere Herausforderung darstellt. Und damit nicht genug: Aufgrund der Entfernung kann der Roboter nicht von der Erde aus gesteuert werden. „Einmal auf Enceladus gelandet, muss er den Weg durch das Eis alleine finden. Im Rahmen der Initiative ist es daher ebenso von großer Bedeutung, dem Roboter eine autonome Entscheidungsfindung zu ermöglichen“, erläutert Friend.
Die Erkenntnisse dienen schließlich dazu, die Konstruktion des sogenannten EnEx-IceMoles zu optimieren – der später einmal die Mission durchführen soll. Erproben lassen sich die entwickelten Schlüsseltechnologien allein im Gletschereis auf der Erde. Als Testfelder dienen z.B. die Gletscher der Alpenregion. Zuletzt führten die Forscher*innen, unter Beteiligung der Wuppertaler Wissenschaftler*innen, im Februar 2019 einen solchen Feldtest durch, um erste Messungen von Radiowellen im Eis durchzuführen und die Daten – von Radar und Akustik gemeinsam – zur Lokalisierung des Roboters zu nutzen. „Zukünftig wird es auch darum gehen, zu erforschen, wie sich die Bedingungen auf dem Saturnmond von denen des Gletschereises auf der Erde unterscheiden, und was dies für die angewendete Technik bedeutet“, resümiert der Wuppertaler Doktorand Alex Kyriacou, der an der Modellierung der Eiseigenschaften auf Enceladus arbeitet.
Die Landung einer Raumsonde mit dem EnEx-IceMole auf Enceladus ist derzeit zwar nicht abzusehen, die vorbereitenden Untersuchungen lassen sich allerdings schon jetzt für verschiedene andere Fachrichtungen, Initiativen und Anwendungen auf der Erde nutzen. Friend: „Neben der Expertise, die wir für die Grundlagenforschung in verschiedenen Bereichen liefern, könnten beispielsweise die Algorithmen, welche die autonome Entscheidungsfindung des EnEx-IceMoles beschreiben, auch für eigenständig navigierende Fahrzeuge für Spezialanwendungen genutzt werden. Ein neu angelaufenes Projekt unserer Initiative soll darüber hinaus einen Eislaser entwickeln, der – montiert auf einer Drohne – lawinengefährdete Hänge aufspüren könnte.“
Momentane Projektpartner der EnEx-Initiative sind neben der Bergischen Universität die Universität Bremen, die FAU Erlangen-Nürnberg, die RWTH Aachen, die FH Aachen, die TU Braunschweig und die TU Dresden sowie die Airclip Service GmbH & Co.Kg.
Kontakt:
Dr. Pia Friend
Arbeitsgruppe Astroteilchenphysik
Telefon 0202/439-3770
E-Mail friend[at]uni-wuppertal.de
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