Universitätskommunikation – Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Gelungener Brückenschlag zwischen Kultur und Wissenschaft: Rund 80 Besucherinnen und Besucher kamen zum ersten Stadtgespräch

28.11.2018|08:18 Uhr

Mit dem Stadtgespräch feierte vergangenen Freitag ein neues Veranstaltungsformat der Bergischen Universität Premiere. Basis ist eine Kooperation zwischen der Hochschule und den Wuppertaler Bühnen. Ihr gemeinsames Ziel: einen Brückenschlag zwischen Kultur und Forschung zu schaffen und gleichzeitig die Arbeit der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler greifbarer zu machen. Das Interesse an diesem Experiment war groß: Rund 80 Besucherinnen und Besucher kamen in das Theater am Engelsgarten, um einen Einblick in das Projekt „Arthur Schnitzler digital“ und das Werk des österreichischen Schriftstellers zu gewinnen.

Julia Reznik las eine gekürzte Fassung der Novelle vor. <br><span class="sub_caption">Klick auf das Foto: größere Version <br />Foto: Felix Manns</span>

Durch den von Noemi Collings, Studentin an der Bergischen Universität, musikalisch eingeleiteten Abend führte PD Dr. Arne Karsten. Der Historiker der Bergischen Universität stellte zunächst die Eckdaten des Forschungsprojektes vor, hinter dem die Bergische Universität, die University of Cambridge und das University College London in Kooperation mit der Cambridge University Library, dem Deutschen Literaturarchiv Marbach, dem Arthur-Schnitzler-Archiv-Freiburg sowie mit dem Trier Center for Digital Humanities stehen. Zusammen wollen sie eine digitale historisch-kritische Edition des ab 1905 erschienenen Werkes von Arthur Schnitzler erarbeiten und im Rahmen einer öffentlich zugänglichen Online-Plattform publizieren. Mit „Fräulein Else“ ist im August 2018 die erste Novelle unter www.arthur-schnitzler.de veröffentlicht worden.

Nach dieser Einordnung verwickelte PD Dr. Arne Karsten die Wuppertaler Köpfe hinter diesem Projekt in ein Gespräch: die Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Michael Scheffel und Prof. Dr. Wolfgang Lukas sowie die wissenschaftliche Mitarbeiterin Kathrin Nühlen. Prof. Dr. Scheffel begründete, warum das fünf Millionen Euro schwere Projekt an der Bergischen Universität gut angesiedelt ist. Die Hochschule habe beispielsweise eine beachtliche Tradition bei der Edition von Texten. Das lasse sich am Bestand der Universitätsbibliothek ablesen, die u.a. die Privatbibliothek Franz Kafkas sowie den kompletten Nachlass des irischen Schriftstellers Walter Macken beheimate. Darüber hinaus gäbe es den Master-Studiengang Editions- und Dokumentwissenschaft sowie das Graduiertenkolleg Dokument – Text – Edition.


Auf die Frage, warum gerade die Werke Schnitzlers für das Projekt ausgewählt worden seien, antwortete Prof. Dr. Lukas: „Er ist ein großer Klassiker der Moderne, der es verdient, eine anständige Ausgabe zu bekommen.“ Es gäbe zwar genug Bücher des Schriftstellers, aber das seien in erster Linie Lese- und Volkseditionen. „Wir arbeiten an einer historisch-kritischen Ausgabe. Das heißt: Wir tauchen ein in die Entstehungsgeschichte des Textes – inklusive Vorstufen, Entwürfen, Änderungen und alternativen Passagen. Zudem liefern wir einen Kontext, der hilft, das Gelesene besser einzuordnen.“ Wie dieser digitale Einblick in die Dichterwerkstatt konkret aussieht, erklärte Kathrin Nühlen. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin präsentierte den Besucherinnen und Besuchern des Stadtgesprächs einige Funktionen und Möglichkeiten der Webseite. So lässt sich u.a. nachvollziehen, wie die ersten Notizen des Schriftstellers zu der Novelle aussahen und welche Wörter er im Schreibprozess ausgetauscht hat.

Zum möglichen historischen Vorbild des Fräulein Else bezog PD Dr. Arne Karsten Stellung. Er skizzierte den Lebensweg von Stefanie Bachrach (1887-1917), einer jungen Frau, die Arthur Schnitzler freundschaftlich verbunden war und deren Schicksal – von der gutbürgerlichen Tochter über die Zeit nach dem Bankrott ihres Vaters bis zum Selbstmord – er in seinem Tagebuch dokumentierte. Wie deutlich die Parallelen zwischen (vermeintlicher) Realität und Fiktion sind, stellte die Lesung von Julia Reznik eindrucksvoll unter Beweis. Die Schauspielerin der Wuppertaler Bühnen las eine gekürzte Fassung der Novelle vor und schlüpfte überzeugend in die Rolle der Tochter, die zwischen dem Wunsch ihrer Eltern und der eigenen Integrität hin und her gerissen ist.

Fazit: ein Abend, der Lust auf Mehr macht. Mehr von Arthur Schnitzler und mehr vom Stadtgespräch. Beides ist bereits in Planung. Während die Überlegungen zur Gestaltung einer zweiten Veranstaltung auf Hochtouren laufen, steht der Zeitplan der Literaturwissenschaftler bereits fest: Noch vor Weihnachten soll „Doktor Gräsler“ online gehen – gefolgt von „Komödie der Verführung“, „Flucht in die Finsternis“ und schließlich „Traumnovelle“.

Weitere Infos über #UniWuppertal: