Honorarprofessor Dr. phil. nat. Lutz Bertling verstorben – ein Nachruf
Ab 1957 wurde dann das Chemische Untersuchungsamt der Stadt Wuppertal für 35 Jahre seine berufliche Heimat, zunächst als Mitarbeiter und ab 1964 als Leiter, der 1969 das Untersuchungsamt Solingen eingliedern konnte und der 1973 zum Amtschemiker für diese beiden Städte und zum Leitenden Chemiedirektor des „Gemeinschaftlichen Chemischen Untersuchungsinstituts der Städte Wuppertal und Solingen“ ernannt wurde. Wie schon in Marburg hat er sich auch in Wuppertal nicht mit seinen beruflichen Hauptaufgaben begnügt. Nach einer 11-jährigen Tätigkeit in der Ausbildung medizinisch-technischer Assistentinnen war er dann weitere 20 Jahre Lehrbeauftragter der Universität Wuppertal, zunächst für Lehramtsstudierende und schließlich für Studierende der Lebensmittelchemie.
Er war einer der Mitinitiatoren, dass dieses sonst in NRW nur noch in Münster und Bonn vertretene Studienfach 1982 an der damaligen Universität - Gesamthochschule Wuppertal eingerichtet wurde. Für seinen Einsatz bei der Etablierung des Studiengangs Lebensmittelchemie wurde er 1981 mit der Ernennung zum Honorarprofessor geehrt. Bis 1996 hat er dann als Lehrbeauftragter die Studierenden der Lebensmittelchemie schwerpunktmäßig in den Fächern Lebensmittel- und Verwaltungsrecht ausgebildet und als Mitglied des Staatlichen Prüfungsausschusses geprüft. Dabei ist es ihm gelungen, diesen oft als „trocken“ empfundenen Stoff didaktisch brillant aufzuarbeiten und höchst anschaulich und verständlich zu vermitteln. Dazu ein Zitat aus einer seiner Vorlesungen: „Qualität ist, wenn der Gast wieder kommt, nicht das Essen“.
In der Fachwelt hat er große Anerkennung als Experte für lebensmittelrechtliche und -analytische Fragen erlangt, insbesondere auf dem Gebiet von Fleisch und Fleischwaren. Er war Sachverständiger vor Gericht, beim Wirtschafts- und Sozialausschuss der Europäischen Gemeinschaft in Brüssel und wegen seiner Bereitschaft, sich bei Lebensmittel-Reizthemen der öffentlichen Diskussion zu stellen, und seiner Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge bei Verbraucherschutz, Lebensmittelsicherheit und Lebensmittelqualität verständlich auf den Punkt zu bringen, war er begehrt als Referent sowie als Interviewpartner bei vielen Rundfunk- und Fernsehsendungen. Sein Werk ist in zahlreichen Fachpublikationen dokumentiert. Hervorzuheben ist sein Buch „Erlaubt – Verboten in Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung“, das bis zur 13. Auflage im Jahr 2013 von ihm als alleinigem Autor verfasst und kontinuierlich überarbeitet wurde; weiterhin zu nennen sind seine langjährige Co-Autorenschaft an der heute in 39. Auflage erschienenen Loseblattsammlung „Lebensmittelrechts-Handbuch“ und seine Beiträge zum „Lebensmittelbrief “, dessen Mitbegründer er war und für den er noch bis zu seinem Tod Mitglied des Wissenschaftsbeirates war und eigene Artikel verfasst hat. Als langjähriger Kuratoriumsvorsitzender der Heinrich-Stockmeyer-Stiftung wurde er 2008 mit der Hans-Jürgen Sinell-Medaille geehrt.
Unverwechselbar war Herr Bertling dafür, kein Blatt vor den Mund und sich die Freiheit zu nehmen, mit humorvoller Provokation das zu sagen, was er denkt. Sein Leben lang hat ihn neben der Begeisterung für seinen Beruf die private Freude an der Familie, der Jagd und dem Botanisieren begleitet. Mit ihm haben wir einen einzigartigen, humorvollen, leidenschaftlichen und klugen Menschen verloren.
Univ.-Prof. i.R. Dr. Michael Petz
(Professor für Lebensmittelchemie an der Bergischen Universität 1989 bis 2016)