Inklusion an Schulen: Wie Sonderpädagogen und Lehrkräfte besser zusammenarbeiten
Inklusion an Schulen: Wie Sonderpädagogen und Lehrkräfte besser zusammenarbeiten
Wo liegen aktuell Herausforderungen bei der Zusammenarbeit von Fachlehrkräften und Sonderpädagogen an Inklusions-Schulen?
Dr. Silvia Greiten: Dass die beiden Gruppen zusammenarbeiten, ist gesetzlich vorgegeben: Abhängig von den jeweiligen Förderschwerpunkten und der Anzahl an Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden die Lehrkräfte von den Sonderpädagogen bei der Gestaltung ihres Unterrichts unterstützt. Manchmal sind die Sonderpädagogen mit einer Ganztagsstelle an der entsprechenden Schule verankert, manchmal kommen sie lediglich als Springer mit wenigen Stunden zum Einsatz. Die eigentliche Herausforderung liegt in der Zusammenarbeit: Für sie gibt es kaum Vorgaben. Sie wird an jeder Schule individuell gestaltet – mit entsprechenden Folgen für die inklusiv ausgerichtete Unterrichtsgestaltung und die Qualität der Förderung der Schüler.
Wie wollen Ihr Forschungsteam und Sie für mehr Struktur sorgen?
Dr. Silvia Greiten: Wir wollen eine Qualifizierungsmaßnahme entwickeln, die Lehrkräften und Sonderpädagogen sowohl Kompetenzen als auch Modelle zur binnendifferenzierten und förderdiagnostisch orientierten Unterrichtsplanung vermittelt. Gerade die Planungskompetenz spielt dabei eine wichtige Rolle: Sie wird erst seit ungefähr zehn Jahren wieder intensiver beforscht und steht hoch im Diskurs. Allerdings kommen die meisten der in dieser Zeit entwickelten Konzepte zum Gemeinsamen Lernen eher aus Förderschulen und dem integrativen Unterricht. Bildungsstandards im Fachunterricht der Regelschulen stehen häufig in Spannung zu diesen Konzepten.
Welche Rolle spielt dabei die Binnendifferenzierung?
Dr. Silvia Greiten: In Deutschland ist es didaktische Tradition, eher einzelne Unterrichtsstunden zu planen, die thematisch aneinanderhängen. Die Einzelstunden laufen dann häufig nach einem einheitlichen Schema ab, in dem Binnendifferenzierung kaum Platz hat. Das funktioniert, wenn man es mit homogenen Schülergruppen zu tun hat. Ganz anders sieht das natürlich in einer inklusiven Klasse aus. Da gibt es beispielsweise Kinder mit Leseschwäche, die einfachere Texte und Lesestrategien brauchen. Oder Kinder mit autistischen Zügen, die am besten mit ganz klaren Aufgabenstellungen arbeiten. Die Lehrkraft muss idealerweise via Förderungsdiagnostik feststellen, wie die individuellen Leistungsstände sind und auf welche Lernansätze welches Kind anspricht, um ihren Unterricht entsprechend zu planen und zu strukturieren. Um diesen individuellen Voraussetzungen gerecht werden zu können, wird ein Schwerpunkt des Projektes u.a. auf binnendifferenzierten Phasen innerhalb einer Unterrichtsreihe liegen.
Das entsprechende Know-how wird dann in der Qualifizierungsmaßnahme vermittelt, die im Rahmen des Projektes entsteht…
Dr. Silvia Greiten: Zu einem Großteil. Aktuell gehen wir davon aus, dass die Maßnahme aus drei Säulen besteht. Säule Nummer eins ist fachlicher Input, der entweder von externen Referentinnen und Referenten oder Mitgliedern unseres Projektes geliefert wird. Die zweite Säule ist ein Coaching: Wir begleiten Lehrkräfte bei der Planung einer Unterrichtsreihe, die eng an Förderdiagnostik und individuellen Förderplänen ausgerichtet ist, und geben Impulse mit Blick auf inklusive Unterrichtsentwicklung. Last but not least wollen wir Strukturen für die Zusammenarbeit von Lehrkräften und Sonderpädagogen entwickeln.
Dazu arbeiten Sie mit Partnerschulen zusammen?
Dr. Silvia Greiten: Genau. Momentan sind zwei Schulen aus dem Raum Siegen an Bord, die bereits im Siegener Netzwerk SiNet, einem Projekt der Universität Siegen, aktiv sind. Mit einer dritten stimmen wir uns gerade ab. Ideal wären vier Schulen. Falls also jemand aus Wuppertal Interesse hat…
In der Praxis sieht das so aus: Wir führen zunächst Interviews mit Lehrkräften und Sonderpädagogen der jeweiligen Schule durch. Es folgten Diskussionsrunden, an denen alle Beteiligten teilnehmen – inklusive Schulleitung. Dabei geht es um folgende Fragen: Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit aktuell? Was für Rahmenbedingungen sind gegeben? Und wo ist eventuell Optimierungspotenzial?
Auf Basis der Antworten ermitteln wir zunächst die Bedarfe an den Schulen. Dann planen wir theoretische Inputs und bereiten Coachings vor, die einen Teil der Qualifizierungsmaßnahme ausmachen, und führen diese an den einzelnen Schulen durch. In dieser Phase holen wir via Interview, Diskussionen und Unterrichtshospitationen immer wieder Feedback ein, um gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.
Wie tragen Sie Ihre Ergebnisse nach Projektabschluss in die Breite?
Dr. Silvia Greiten: Zunächst werden im Laufe des Projektes natürlich Publikationen entstehen. Darüber hinaus überlegen wir, unsere Inhalte in die Lehreraus- bzw. -fortbildung einfließen zu lassen. Zudem wollen wir Unterrichtsreihen, die im Zuge von IKU entwickelt wurden, via Internet zugänglich zu machen.
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