Mitarbeitende im Ehrenamt: Warum Thomas Bergermann mit knapp 50 Jahren zur Trompete griff
Wer sich von Thomas Bergermann zum Thema Prüfungen beraten lässt, kann schnell erkennen, was ihn außerhalb der Bergischen Universität bewegt: Im Büro des 53-Jährigen hängen Detailaufnahmen einer Trompete. „Ich spiele erst seit sechs Jahren und habe mir damit einen Kindheitstraum erfüllt“, sagt er. „Meine Eltern hatten wenig Interesse an Musik und wollten kein Geld für Trompetenunterricht ausgeben. Stattdessen standen Fuß- und Basketball auf dem Programm.“ Jetzt habe er ein lädiertes Knie und engagiere sich im Posaunenchor Breckerfeld, berichtet er augenzwinkernd, inklusive Proben, Konzerten und Nachwuchsausbildung.
Der Impuls für den späten Start in die Musikerkarriere kam von seinen beiden Söhnen. Beide spielen selbst sehr gut Trompete und der ältere Sohn ließ beim studienbedingten Umzug sein zweites Instrument im Elternhaus zurück – und da konnte Thomas Bergermann nicht widerstehen. „Einfach war es nicht“, erinnert sich der Sachbearbeiter im Zentralen Prüfungsamt an die Anfänge. „Ich musste lernen, Noten zu lesen, das Instrument zu bedienen und gleichzeitig auf den Dirigenten zu achten. Ein gutes Gedächtnistraining.“ Der Schritt in den Chor lag dann nahe. Schließlich hat Thomas Bergermann schon einige ehrenamtliche Stationen als Fußballtrainer und Schiedsrichter, in der Kommunalpolitik und als Presbyter hinter sich. „Wir sind 25 Musikerinnen und Musiker meist älteren Semesters. Jüngere Menschen für den Posaunenchor zu begeistern, ist schwierig, aber wir versuchen es trotzdem“, so Bergermann. Zum Beispiel, indem Chormitglieder regelmäßig Schulen besuchen, Leihinstrumente zur Verfügung stellen und speziellen Unterricht für Kinder anbieten.
Sein eigenes Training besteht aus einer wöchentlichen Probe. Darüber hinaus übt er alle zwei Tage zu Hause und nimmt ab und an Stunden beim Musiklehrer. Dazu kommen die Auftritte, die gerade in der Weihnachtszeit eine hohe Schlagzahl haben. Ansonsten spielt der Chor in Gottesdiensten, auf Geburtstagen und Hochzeiten, zu Karneval, in Altenheimen und Krankenhäusern. „Ein besonderes Highlight ist das sogenannte Kurrendeblasen“, erzählt Thomas Bergermann. „Dabei ziehen wir zwischen 9 und 16 Uhr von Dorf zu Dorf – und zwar bei jedem Wetter. Wenn Schnee liegt, können da auch mal die Züge der Instrumente einfrieren.“ Die Tradition stamme aus dem Mittelalter. Damals habe man die Kurzauftritte genutzt, um Spenden für Bedürftige zu sammeln. Das Schönste am ehrenamtlichen Spielen sei die Begeisterung, die man bei seinem Publikum entfacht. Einfach mal abschalten und die Musik genießen!
2019 steht darüber hinaus ein weiteres Großereignis an: der Deutsche Evangelische Kirchentag vom 19. bis 23. Juni in Dortmund. „In dieser Zeit schließe ich mich für drei Tage einem Chor aus Wetter an, mit dem wir gut vernetzt sind“, berichtet Thomas Bergermann. „Am meisten freue ich mich auf das Abschlusskonzert im Westfalenstadion. Gemeinsam mit bis zu 7.000 Musikerinnen und Musikern vor 80.000 Zuhörerinnen und Zuhörern zu spielen wird ein einmaliges Erlebnis sein.“
Bei all diesem Engagement hat der Sachbearbeiter auch ein klares persönliches Ziel vor Augen: „Ich möchte im Sopran – also in der ersten Stimme – spielen. Dazu muss ich rund eine Oktave höher als jetzt spielen, und das geht nur über Training, Training, Training.“ Dabei hat er seit rund drei Monaten eine ganz besondere Unterstützung: Seine Frau hat ebenfalls zur Trompete gegriffen. „Wir haben nach etwas gesucht, was wir im Alter gemeinsam machen können“, schildert er lachend den Hintergrund. „Und da ich mich nicht vom Stricken überzeugen ließ, blieb ihr im Grunde keine Wahl. Vielleicht können wir dann bald als Familienquartett das Publikum begeistern!“