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Neutrino-Teleskop am Südpol eröffnet neuen Zweig der Astronomie

22.11.2013|09:09 Uhr

Im ewigen Eis der Antarktis haben Forscher erstmals energiereiche Neutrinos aus den Tiefen des Kosmos nachgewiesen. Mit dem IceCube-Detektor am Südpol fingen sie zwischen Mai 2010 und Mai 2012 insgesamt 28 Neutrinos mit Energien oberhalb von 30 Tera-Elektronenvolt (TeV) ein, darunter zwei mit einer Energie von mehr als 1000 TeV – das ist mehr als die Bewegungsenergie einer Fliege im Flug – geballt in einem elementaren Teilchen. Die internationale IceCube-Gruppe, zu der auch Astroteilchenphysiker der Bergischen Universität Wuppertal um Prof. Dr. Klaus Helbing gehören, präsentiert ihre Beobachtungen jetzt im US-Fachjournal „Science“.

Detektorspur des energiereichsten Neutrinos, das jemals gemessen wurde. Es hatte eine Energie von rund 1,14 Peta-Elektronenvolt und wurde von den Physikern "Ernie" getauft.<br /><span class="sub_caption"> Foto IceCube Collaboration</span>

„Dies ist der erste Hinweis auf sehr hochenergetische Neutrinos, die von jenseits unseres Sonnensystems kommen", betont IceCube-Projektleiter Prof. Francis Halzen von der Universität Wisconsin-Madison (USA). Neutrinos sind fast masselose Elementarteilchen, die äußerst selten eine Wechselwirkung eingehen. Sie sind einzigartige Boten der energiereichsten Ereignisse im Weltall, denn anders als Licht können sie mühelos aus extrem dichten Umgebungen wie etwa dem Kern einer Supernovaexplosion oder dem Inneren von kosmischen Teilchenbeschleunigern entkommen, von denen Licht nur sehr viel schwerer zu uns dringt.

Der Vorteil der Neutrinos als kosmische Boten ist gleichzeitig auch ein Nachteil: Sie fliegen so mühelos durch Materie hindurch, dass jede Sekunde unzählige Neutrinos ohne eine Spur die Erde durchqueren. Nur ganz selten trifft ein Neutrino auf ein Materieteilchen. Es sind gigantische Detektoren nötig, um ab und zu ein solches Neutrinoereignis beobachten zu können.

Dezember 2010: Fertigstellung des IceCube Detektors am Südpol.

IceCube ist in einen ganzen Kubikkilometer ewiges Eis der Antarktis eingeschmolzen und damit der größte Teilchendetektor der Welt. An 86 Stahltrossen hängen insgesamt 5160 empfindliche Nachweisgeräte, sogenannte optische Module, die nach den schwachen Lichtblitzen spähen, die eine Neutrinokollision erzeugt. Forscher der Bergischen Universität haben maßgeblich zur Datenaufnahme-Elektronik von IceCube an der Eis-Oberfläche beigetragen und viele Monate an dessen Aufbau vor Ort am Südpol mitgearbeitet.

Den ersten Hinweis auf extraterrestrische Hochenergie-Neutrinos lieferte im April 2012 die unerwartete Entdeckung der beiden bis dahin energiereichsten Ereignisse. Die IceCube-Forscher tauften sie liebevoll „Ernie“ und „Bert“. Eine gründliche Analyse dieser Ereignisse ist bereits im Fachblatt „Physical Review Letters“ erschienen. Die vertiefte Suche, deren Ergebnisse jetzt vorgestellt wurden, förderte weitere 26 Ereignisse mit Energien oberhalb von 30 TeV zutage – deutlich mehr als das, was man für in der Erdatmosphäre erzeugte Neutrinos erwartet.

Eine räumliche oder zeitliche Häufung der 28 Ereignisse, die auf eine bestimmte kosmische Quelle hindeuten würde, konnten die IceCube-Forscher nicht feststellen, dazu ist die Anzahl noch zu klein. „Wir arbeiten jetzt intensiv daran, die Signifikanz unserer Beobachtung zu erhöhen und zu verstehen, was dieses Signal bedeutet und woher es kommt", erläutert die Sprecherin des internationalen IceCube-Projekts, Prof. Olga Botner von der Universität Uppsala (Schweden).

Das internationale IceCube-Team besteht aus rund 260 Wissenschaftlern aus elf Ländern. Aus Deutschland sind neben DESY acht Hochschulen beteiligt: die Technischen Universitäten Dortmund und München, die RWTH Aachen und die Humboldt-Universität zu Berlin sowie die Universitäten Bochum, Bonn, Mainz und Wuppertal.

Die Bergische Universität Wuppertal ist seit 1998 an dem Projekt und seinem Vorgänger AMANDA beteiligt. „Ich bin sehr froh nach all den Jahren und dem enormen Aufwand mit ungewissem Ausgang jetzt tatsächlich die Geburtsstunde der Neutrinoastronomie feiern zu können“, sagt Prof. Helbing.

www.desy.de

http://icecube.wisc.edu/
http://astro.uni-wuppertal.de/

Kontakt:
Prof. Dr. Klaus Helbing
Telefon 0202/439-2829
E-Mail helbing[at]uni-wuppertal.de

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