Soziologe Prof. Herbert Grymer verstorben
Der gebürtige Passauer studierte an der LMU München, wo er später als Angestellter im Sozialreferat der Stadt auch seine ersten Berufsjahre absolvierte. Von 1975 bis 1982 war er Wissenschaftlicher Assistent an der TU Berlin und dort im Bereich Stadtentwicklung und Architektur tätig. Die Promotion zum Dr. rer. pol. erfolgte Ende der 1970er Jahre an der Universität Bremen am Institut für Soziologie. 1982 führte ihn sein Weg nach Wuppertal, zunächst als Vertretungsprofessor, seit 1985 dann als ordentlicher „Professor für Soziologie und anwendungsbezogene Soziologie“. Der Universität und der Stadt blieb er über seine Emeritierung im Jahr 2010 hinaus treu.
„Dieser Lebensweg mit seinen unterschiedlichen Stationen und Einflüssen spiegelt sich auch in Grymers wissenschaftlichen Interessen wider. Sie reichen von der Stadtsoziologie und räumlichen Mobilitätsfragen über die Kommunalpolitik und das Management kommunalpolitischer Herausforderungen, soziale Ungleichheiten, Konflikt- und Friedenskulturen bis hin zu gesellschaftspolitischen Fragen wie der Bedeutung des Fundamentalismus für die Gegenwartsgesellschaften“, heißt es im Nachruf der Fakultät.
Zu seinen Forschungsschwerpunkten hat er zahlreiche Publikationen veröffentlicht, unter anderem die mit Thomas Krämer-Badoni und Marianne Rodenstein vorgelegte Monografie „Zur sozio-ökonomischen Bedeutung des Automobils“ (1997), in der er und seine Kolleg*innen sich mit der Bedeutung des Automobils für Mobilität sowie mit den Folgen der Mobilisierung auseinandersetzen. „Stadtsoziologische Fragestellungen beschäftigten ihn in vielfältiger Art und Weise: Sein etwa mit Dieter Keim herausgegebenes Buch zu ‚Gewalt in der Stadt‘ (1981) oder seine Untersuchung zu jugendlichen Protestkulturen angesichts der ‚Stadt als Ort struktureller Gewalt‘ oder von ‚Gewalt‘ als Problem der Kommunalpolitik, wie im von Rüdiger Voigt herausgegebenen ‚Handwörterbuch zur Kommunalpolitik‘ (1984), standen neben einem ‚Managementhandbuch Kommunalverwaltung – MHKommV‘, welches er u.a. mit Bernd Adamaschek im Jahr 2002 editierte“, so Prof. Dr. Peter Imbusch, Professor für Soziologie der Politik an der Bergischen Uni.
Grymers wissenschaftliches Wirken und sein vielgestaltiges Engagement endeten nicht mit seiner Emeritierung. Dazu trug nicht zuletzt seine weitere Ausbildung als Systemischer Familientherapeut und seine Tätigkeiten in der systemischen Beratung maßgeblich bei. Hier wirkte er in unterschiedlichsten Bereichen der Sozialberatung und in der Erwachsenenbildung für die Fachgebiete Pädagogik, Psychologie und Gesellschaftswissenschaft. Das schloss an andere, außeruniversitäre Interessengebiete an. Im Jahr 1996 war er Mitbegründer und erster Vorsitzender von „wuppertalaktiv!“, er war aktiv im Verein „Gemeinsam statt einsam“, engagierte sich bei DENISS e.V., dem „Deutschen Netzwerk der Interessenvertretungen von Senior-Studierenden“, und blieb auch dem Seniorenstudium an der Bergischen Universität zeitlebens verbunden.
Dies war ihm nicht nur im Kontext des demografischen Wandels wichtig, sondern war für ihn zugleich Ausdruck der weitergehenden Partizipationsmöglichkeiten älterer Menschen an Bildung und Kultur. In seinem 2005 erschienenen Buch „Altengerechte Stadt – Das Handbuch: Partizipation älterer Menschen als Chance für die Städte“ widmete er sich diesem Thema gemeinsam mit Kolleg*innen.
„Neben der Forschung engagierte sich Herbert Grymer auch leidenschaftlich in der universitären Lehre. Nicht nur betreute er zahlreiche Dissertationen und Abschlussarbeiten, viele Studierendengenerationen verdanken ihm auch eine fundierte wissenschaftliche Ausbildung. Er wollte kritische Menschen heranziehen, die sich mit ihrer politischen und sozio-ökonomischen Umgebung auseinandersetzen und ihre erworbene Bildung für die Verbesserung der Gesellschaft einsetzen“, so Prof. Imbusch.
Den gesamten Nachruf der Fakultät finden Sie hier.