Umgang mit „Corona-Stress“ Aktuelle Daten zur Stressbewältigung während des Kontaktverbots
In der Online-Befragung wurden Ende März innerhalb von vier Tagen ca. 400 Personen im Alter von 15 bis 76 Jahren (Durchschnittsalter 36 Jahre) zu ihrer Stressbewältigung und ihren psychosozialen Ressourcen in Zeiten von Covid-19 befragt.
„Es zeigte sich, dass mit einer höheren Selbstwirksamkeitserwartung (das ist das Vertrauen in die eigene Handlungsfähigkeit auch unter extremer Belastung) weniger Corona-spezifische und allgemeine Gesundheitssorgen einhergehen“, erklärt Petra Buchwald eines der Ergebnisse. Menschen, die das Gefühl haben, emotionale, informationelle und praktische Hilfe und Unterstützung zu bekommen, seien weniger besorgt. Zudem zeige sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen allen Formen der sozialen Unterstützung und der Kontaktreduktion: „Je mehr emotionale, informationelle und praktische Unterstützung wahrgenommen wird, desto mehr werden die sozialen Kontakte in physischer Form reduziert“, so Buchwald.
Frauen berichten signifikant mehr Corona-spezifische und allgemeine Sorgen als Männer. Zudem zeigte sich, dass Menschen mit wachsenden Sorgen mehr Vorratseinkäufe tätigen. Bei Corona-spezifischen Sorgen zeigten sich zwei bedeutsame Zusammenhänge: Je mehr Sorgen sich die Menschen derzeit um den Umgang mit dem Corona-Virus machen, desto eher suchen sie nach Hilfe und Unterstützung. Mit einem stärker selbstbehauptenden Verhalten sind hingegen sinkende Corona-spezifische Sorgen verbunden.
Als wichtiges Ergebnis der Befragung fassen die Stressforscherinnen zusammen: „Ein guter Umgang mit den durch Covid-19-Virus verursachten Stress kann Gesundheit, Lebensqualität und Wohlbefinden verbessern.“ Daraus ergeben sich laut Buchwald und Begic folgende Ratschläge:
- Besonders wichtig sei es, Hilfe anzunehmen von Familie, Freunden, Geistlichen und Personen, die sich in einer ähnlichen Situation befänden. Dabei sollte man flexibel Telefon, E-Mail, Textnachrichten und Videoanrufe nutzen. „Ein guter Ratgeber kann uns mit Taten und Informationen weiterhelfen, die unsere Kompetenzen verbessern, uns helfen, richtige Entscheidungen zu treffen und uns erlauben, selbst daheim zu bleiben und ‚nichts‘ zu tun“, sagt Buchwald.
- Man solle Strategien aktivieren, die einen beruhigen. Beispielsweise, indem man sich bewusst mache, dass Sorgen und Ängste derzeit verständlich und normal seien oder indem man das Anschauen von Nachrichten reduziere (vor allem vor dem Schlafengehen). „Man verbessert sein Kontrollgefühl bzw. seine Selbstwirksamkeit, indem man akzeptiert, dass man gewisse Umstände nicht ändern kann und sich auf Dinge konzentriert, die man ändern kann“, so Petra Buchwald.
- Auch auf Stressbewältigungsstrategien, mit denen man bereits in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht habe, könne man nun zurückgreifen. Am besten lasse man sich auf die Situation als eine Herausforderung ein, die es zu bewältigen gilt. Buchwald: „Dabei verbessert man zugleich sein eigenes kreatives und selbstbehauptendes Handeln und nimmt die Situation als eine Gelegenheit, zu lernen bzw. Stärken aufzubauen.“
- Es sei zudem gut, einen Plan zu haben für den Fall, von seinen eigenen Gefühlen überwältigt oder übermäßig bedrängt zu sein. Dadurch habe man schon im Vorfeld das Gefühl, im Notfall die Kontrolle behalten zu können. „Unangenehme Emotionen lassen sich auch gut durch Ablenkung oder körperliche bzw. geistige Beschäftigung bekämpfen. Eine kleine Pause vom Stress ist sehr gut; eine Pause, in der man etwas tut, was Spaß macht! Allerdings sollte man nicht die gesamte Situation verdrängen und eine Auseinandersetzung damit komplett vermeiden“, erklärt Begic.
- Impulsives Verhalten sei unbedingt zu vermeiden. Die Situation sei zwar stressig und entziehe sich unserer Kontrolle, aber man könne versuchen, dies durch positive Beruhigungsmaßnahmen auszugleichen. Buchwald rät, langsame, gleichmäßige Atmung zu üben, Muskelentspannung und alles andere, was einen beruhige wie Yoga, Bewegung, Musik, Lesen, Stricken, etc.
An der Studie nahmen überwiegend weibliche Teilnehmerinnen aus Nordrhein-Westfalen (84 Prozent) teil, von denen fast 50 Prozent über einen Hochschulabschluss oder ein Abitur (34 Prozent) verfügen und größtenteils einer Erwerbstätigkeit (70 Prozent) nachgehen. Keine der befragten Personen war positiv auf Covid-19 getestet worden, wobei bei 90 Prozent der Personen im Wohnort Covid-19-Fälle nachgewiesen werden konnten. Die Hälfte der Teilnehmer*innen war oder ist in freiwilliger häuslicher Isolation, etwa 20 Prozent wohnen grundsätzlich allein. Jede*r Fünfte zählt eigenen Angaben zufolge zur Risikogruppe.
Kontakt:
Prof. Dr. Petra Buchwald
School of Education
E-Mail pbuchwald[at]uni-wuppertal.de