Universitätskommunikation – Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

„Vertraulichkeit ist ein Grundpfeiler meiner Arbeit“

23.10.2020|09:18 Uhr

Beschäftigte der Bergischen Universität, die sich in schwierigen Arbeits- oder Lebenssituationen befinden, haben seit Juli 2018 eine zentrale Ansprechpartnerin: Dr. Britta Marfels. Die Arbeits-, Organisations- und Klinische Psychologin bietet Hilfe, wenn es um psychische Belastungen oder Gefährdungssituationen geht. Besonders in der Corona-Pandemie ist sie eine gefragte Gesprächspartnerin.

Was genau ist Ihre Aufgabe an der Bergischen Uni?
Die Stelle wurde neu geschaffen, um den veränderten Arbeits- und Lebensbedingungen, die leider auch mit einem starken Anstieg psychischer Erkrankungen einhergehen, Rechnung zu tragen. Daher geht es bei meinen Aufgaben einerseits um organisationale Prozesse, wie die gesundheitsfördernde Gestaltung der Arbeitsbedingungen sowie die Erfassung und Beurteilung psychischer Auswirkungen der Arbeit auf die Beschäftigten. Auf der anderen Seite steht der einzelne Mensch als Teil der Organisation im Mittelpunkt meiner Aufgaben. Die Beratung der Mitarbeiter*innen und Personalverantwortlichen in belastenden Arbeits- und Lebensumständen ist meiner Erfahrung nach eine sehr wirksame und wichtige Maßnahme, die zur Prävention von Erkrankungen beitragen kann.

Wie können Beschäftigte mit Ihnen in Kontakt treten?
Ich habe keine festen Sprechstundenzeiten, um die Anonymität so weit wie möglich zu wahren. Daher besteht auch die Möglichkeit, sich außerhalb der Universität zu treffen. Die Beratungstermine können telefonisch oder per E-Mail vereinbart werden. Aktuell erfolgt die Beratung über Zoom oder per Telefon. Wie schnell die persönliche Beratung wieder der Regelfall sein wird, ist abhängig vom Verlauf des Infektionsgeschehens.

Wer kann sich bei Ihnen Rat suchen?
Das Beratungsangebot richtet sich an alle Beschäftigten der Bergischen Uni z. B. wissenschaftliche oder studentische Mitarbeiter*innen, Promovend*innen, Habilitand*innen, Professor*innen und andere Personalverantwortliche sowie die Beschäftigten im Bereich Technik und Verwaltung und der zentralen Dienste. Ich spreche bewusst auch Personalverantwortliche an, da diese häufig in einem schwierigen Spannungsfeld stehen. Beispielsweise lassen sich Konflikte unter oder mit Mitarbeiter*innen aufgrund der Bedingungen und Erfordernisse in einer Organisation manchmal gar nicht oder nur schwer lösen. Ebenso tragen sie Sorge dafür, dass ihre Mitarbeiter*innen durch die Arbeitsbedingungen nicht dauerhaft überbelastet sind. Die Erwartungen an Personalverantwortliche sind oft sehr hoch, während auch ihre Ressourcen begrenzt sind.

Mit welchen Themen kommen Beschäftigte auf Sie zu?
Die Überschrift könnte lauten „ein Problem kommt selten allein“. Meist handelt es sich um eine Kumulation von Problemen aus dem beruflichen und dem privaten Bereich. Trennung, Tod, Beziehungsprobleme, psychische und/oder körperliche Erkrankungen, Probleme mit den Kindern usw. treffen dann auf Belastungen im Arbeitsleben. Überlastung, Unterforderung, mangelnde Anerkennung und Wertschätzung, Konflikte mit der oder dem Vorgesetzten, Mitarbeiter*innen oder Kollegen*innen, Probleme mit Doktorvater/Doktormutter oder Studierenden sind häufig genannte Themen. Die meisten Menschen kommen erst in die Beratung, wenn körperliche und/oder psychische Reaktionen nicht mehr zu übersehen sind. Ängste, Panikattacken, Depressionen, Schlafstörungen, Magen-Darm-Probleme, Rückenschmerzen und Kopfschmerzen können die Folgen langfristiger Überbelastung sein. Personalverantwortliche treten mit mir in Kontakt, weil sie z. B. in Sorge um (erkrankte) Mitarbeiter*innen sind.

Wie gehen Sie vor, wenn sich jemand mit einem Problem an Sie wendet?
Es ist nicht leicht, einem fremden Menschen zu vertrauen und sich zu offenbaren. Vertraulichkeit ist entsprechend ein Grundpfeiler meiner Arbeit und ich kläre als erstes darüber auf, dass die Inhalte der Beratung der psychologischen Schweigepflicht unterliegen. Ich versuche zu verstehen, in welcher Situation sich der Betroffene befindet, welche Strategien bisher zum Einsatz gekommen sind und welche Ideen und Wünsche vorliegen. Es gibt nicht die eine, richtige Lösung, sondern viele Möglichkeiten und viele kleine Bausteine, die zu Veränderungen führen können. Ich kann Anregungen geben und sehe meine Rolle auch als „Rettungsanker“, besonders, wenn Menschen sehr verzweifelt sind.

Ein weiteres wichtiges Element in meiner Beratungsarbeit sind Informationen darüber, welche physischen und psychischen Prozesse in stark belastenden Situationen angestoßen werden, damit die oder der Betroffene unangenehme Stressreaktionen nachvollziehen und besser steuern kann. Es ist wichtig, zu verstehen, was im Körper passiert und auf welchen Ebenen (Körper, Gefühle, Gedanken, Verhalten) man ansetzen kann, um diesen Stress-Kreislauf zu durchbrechen. Ich unterstütze dabei mit praktischen Tipps, z. B. dem Erlernen eines Entspannungsverfahrens oder Strategien bei der Bewältigung von Ängsten. Manchmal reicht schon ein Gespräch, damit Betroffene sich wieder gestärkt und handlungsfähig fühlen. Auch das Wissen, dass es jemanden gibt, der die Dinge ernst nimmt und an den man sich wenden kann, kann entlastend wirken.

Wie hat sich Ihre Arbeit seit Beginn der Corona-Pandemie verändert?
Ich glaube, dass die Dinge, die sich bei meiner Arbeit verändert haben, sehr viele Menschen betreffen. Die Bedingungen haben sich komplett geändert, es ist Vieles aus dem Takt geraten. Die Unbeschwertheit und Ungezwungenheit bei persönlichen Kontakten ist nicht mehr da und die Zahl der persönlichen Sozialkontakte auf der Arbeit und im Privaten hat sich stark verringert. Es besteht eine große Unsicherheit bezüglich des Umgangs miteinander. Das fängt damit an, dass man sich zur Begrüßung nicht mehr die Hand gibt und die Bedrohung irgendwie immer im Raum steht. Auch, dass sich die Menschen hinsichtlich ihrer Angst und Sorgen gegenüber einer Ansteckung stark unterscheiden, macht die Situation nicht einfacher. Wenn z. B. jemand mit großer Angst vor Ansteckung auf Kollegen*innen oder Vorgesetzte trifft, die damit ganz anders umgehen, kann es zu Konflikten kommen.

Mit welchen Problemen wenden sich die Beschäftigten aktuell an Sie?
Die Pandemie scheint wie ein Brennglas zu wirken und kann vorhandene Probleme oder Ängste verstärken. Am Anfang, als Schulen und Kindergärten geschlossen waren, ging es um Probleme durch Überforderung, mangelnde Erholungsmöglichkeiten und Entgrenzung von Arbeit und Privatleben. Das Jonglieren von Beruf, Kindererziehung und Partnerschaft unter schwierigen Bedingungen, vielleicht noch gepaart mit hohen Anforderungen an sich selbst, führte dann zu Frust, Schuldgefühlen und Erschöpfung. Kommt ein befristeter Arbeitsvertrag hinzu, kann das sehr belastend sein. Das Personal leidet durch die veränderten Arbeitsbedingungen zum Teil an Über- und Unterforderung. Insbesondere die Beschäftigten, die den Betrieb der Universität zu jeder Zeit aufrechterhalten haben, sind davon betroffen. Das Arbeiten im Homeoffice hat teilweise zu Problemen geführt und nun wiederum geht die Rückkehr an den universitären Arbeitsplatz bei manchen mit Ängsten einher. Im wissenschaftlichen Bereich wurden ganze Karriere- und Lebensplanungen z.B. durch die Absage von Auslandsaufenthalten oder weil die Arbeit in Laboren nicht mehr möglich war, auf den Kopf gestellt.

Informationen und Kontaktmöglichkeiten gibt es hier.

 

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